Tinas Erfahrung mit Selbsthilfegruppen und Syndrom-Verein (FoxG1)
Hilflos ausgeliefert und in einer Art Ohnmacht. So fühlt sich Tina, als die Epilepsie bei Kyle voll zuschlägt. In ihrem Umfeld kennt sie zu diesem Zeitpunkt niemanden mit ähnlichen Erfahrungen, niemanden, mit dem sie sich hätte austauschen können. Schließlich gründet Tina gemeinsam mit einer anderen betroffenen Mutter die erste regionale Müttergruppe in ihrem Landkreis. Heute findet sie bei einem Treffen mit Eltern immer wieder tröstlich zu sehen, dass Betroffene nicht alleine sind.
Gründung der Syndrom Gruppe FoxG1
Im Leben sind die schlimmen Ereignisse, die, in denen man sich hilflos ausgeliefert fühlt und eine Art Ohnmacht erlebt. Man kann nicht wirklich etwas tun, um den Umstand zu ändern. So fühlte ich mich, als die Epilepsie bei Kyle im Januar 2016 voll zugeschlagen hatte. Ich war mit seinem Bruder hochschwanger und wir waren im Krankenhaus. Zu Hause hätte ich Hilfe mit der Pflege von Kyle gehabt, aber im Krankenhaus war ich alleine und übernahm die komplette Pflege für ihn. Ich versuchte die Epilepsie zu verstehen, um herauszufinden, was der Auslöser war und was ich tun konnte, damit es in den Griff zu bekommen war. Ich hatte niemanden mit ähnlichen Erfahrungen in meinem Umfeld, jemand den man hätte fragen können. Eine Mutter, die nachts mit ihrem vier Monate alten Säugling eingeliefert wurde, sprach mich in der Elternküche an. Wir verstanden uns sofort auf Anhieb. Ihr Sohn hatte auch ein sehr seltenes Syndrom. Wir verabredeten uns für die Zeit nach dem Krankenhaus und telefonierten sehr lange.
Gemeinsam mit ihr gründete ich die erste regionale Müttergruppe in unserem Landkreis für Mütter von Kindern mit Einschränkungen. Wir waren am Anfang sechs Mütter und die Zahl stieg stetig an. Heute hat die Gruppe etwa 35 Mitglieder. Regionale Gruppen sind von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, herauszufinden, wo man einen Facharzt findet oder welcher Therapeut auf etwas spezialisiert ist. Aber auch dazu, wie die Erfahrungen mit unterschiedlichen Behörden sind und wo man einen Babysitter findet.
Nachdem es eine Studie über FoxG1 an einer Universität gab, war der Wunsch der an der Studie beteiligten Eltern von Kindern mit dem Gendefekt FoxG1 groß, eine Gruppe zu gründen. Die Syndrom-Gruppe wurde zunächst in Facebook formiert, später gab es dann zur schnelleren Kommunikation eine WhatsApp-Gruppe mit heute ca. 60 Mitgliedern. Hier werden die Eltern von „Foxies“ aus Deutschland, der Schweiz und Österreich aufgenommen. Die Eltern finden hier eine Gruppe von Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und machen. Wenn es sich um Eltern im süddeutschen Raum handelt, schaffe ich es auch ab und an, jemanden persönlich zu treffen. Mütter berichten mir oft, dass ihnen diese Gruppe geholfen hat, die Diagnose zu verarbeiten. Es klingt banal, aber zu sehen, dass andere Menschen ihr Leben mit Kindern mit FoxG1 meistern, hat etwas sehr Beruhigendes und man erkennt, dass es ein Licht am Ende des Tunnels gibt. Man erfährt, dass die schlaflosen Nächte zwar sehr lange anhalten, aber irgendwann wird es bei jedem Foxie besser.
Die Gemeinschaft ist wirklich schön, die Erfolge werden gemeinsam gefeiert und die Gruppe jubelt im Kollektiv. Keiner kann einen Fortschritt besser nachempfinden als Eltern, die sehnsüchtig auf den nächsten Schritt in der Entwicklung der Kinder warten und die Freude darüber, wenn dieser eintritt. In der Gruppe entstehen wunderbare Freundschaften.
Austausch in der Syndrom Gruppe
In der Syndrom-Gruppe geben wir und häufig auch Ratschläge zur Ernährung. So haben manche Eltern schon festgestellt, dass viele Kinder ohne Milchprodukte weniger verschleimen. Hier hat KetoEpi den Vorteil, dass es milcheiweißfrei ist. In „ruhigeren Zeiten“ wird so manchmal nur über einen fahrbaren Untersatz für die Freizeit beratschlagt oder über ein Therapiezentrum.
Es sind mittlerweile 70 bis 80 Kinder in Deutschland und so bilden sich auch immer wieder kleine Treffen in unterschiedlichen Regionen, bei denen die Eltern die Möglichkeit haben, sich persönlich kennenzulernen. Gerade Eltern mit kleinen Foxies nutzen gerne die Gelegenheit und gehen auch mal gemeinsam zur Therapie in ein Zentrum. Am wertvollsten ist diese Syndrom-Gruppe meiner Meinung nach, wenn es die Eltern am schwersten haben. Wenn beispielsweise ein Foxie im Krankenhaus ist und die Ärzte um Schwarmwissen bitten. Hier wurde schon einmal nach Erfahrungen gefragt, was zu tun ist, falls ein Medikament vom Kind nicht gut genommen wird. Bei sehr seltenen Krankheiten, wie dem FoxG1-Syndrom ist es essentiell, auf eine Gruppe zurückgreifen zu können, die unterschiedlichste Erfahrungen gemacht hat. Unbezahlbar! Einmal ging bei einem Foxie der Button der Magensonde kaputt und es war kein Ersatz zur Hand. Anstatt die 350 km nach Hause zu fahren, fuhr der Vater zum nächsten Foxie in 90 km Entfernung und holte sich dort einen neuen Button ab. Der Urlaub konnte entspannt weitergehen.
Auch wenn ich zum Zeitpunkt der Diagnose von Kyle keine Gruppe kannte, die mich hätte auffangen können und ich sehr lange mit dem Schicksal gehadert habe, finde ich es heute bei einem Treffen mit Eltern immer wieder tröstlich zu sehen, dass wir nicht alleine sind. Man muss anderen Fox-Eltern nichts erklären, die Kinder haben häufig ähnliche Schwierigkeiten, z.B. mit Schlafen außer Haus oder anderen Veränderungen, wenn man in Urlaub fährt oder ein Familientreffen hat.